Eine Reportage
Österreich unverpackt
In Österreich erzeugen wir jedes Jahr mehr als 71 Million Tonnen Müll! Ein Großteil davon entfällt auf Verpackungsmüll? Doch warum unternimmt der österreichische Handel anscheinend nichts dagegen? Wo liegen die größten Probleme in einer nachhaltigen Umsetzung von Unverpackter Ware für die breite Bevölkerung? Welche Lösungsansätze gibt es, um dem Müllberg entgegenzuwirken? Es ist an der Zeit endlich adé zu sagen zu den Gurken im Plastikmantel!
In den Supermärkten sind eine Menge verpackte Produkte zu finden, die mit Aufklebern und Slogans wie „Recycelt“ oder „Biologisch abbaubar“ gekennzeichnet sind. Es sieht so aus, als ob es ganz einfache wäre eine Wahl zu treffen, um die Umwelt zu schonen. Sieht man jedoch genauer hin, ist zu bemerken, dass einige dieser Produkte in Plastikverpackungen gepackt sind. Plastik, das für Generationen auf unserem Planeten verbleibt und unschätzbare Schäden an unserer Umwelt verursacht.
Solche irreführenden Taktiken der Industrie werden Greenwashing genannt. Unternehmen nutzen die besorgniserregenden Umweltprobleme, um ihre Produkte als umweltfreundlich zu verkaufen, obwohl sie in Wirklichkeit nicht so sind. Es ist eine Täuschung, die uns davon abhält, wirklich nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Doch die Uhr tickt – uns bleibt nicht mehre viel Zeit, um unseren Planeten zu retten.
Die Auswirkungen des Klimawandels sind allgegenwärtig. Der Schaden, den die Menschheit der Umwelt zufügt, wird immer größer. Durch die riesigen Mengen an Plastikabfall werden Treibhausgase freigesetzt und Meere zunehmend verschmutzt. Es ist dringend notwendig, dass der Handel umweltfreundlicher wird und beim Einkauf biologisch abbaubare Materialien benutzt anstelle von Plastik. Es gibt bereits viele Länder in Europa, die Maßnahmen ergriffen haben, um die Umweltverschmutzung zu reduzieren. Beispielsweise hat Großbritannien schon 2017 begonnen, steuerliche Erleichterungen für Unternehmen einzuführen, um ihnen den Wechsel von Plastikverpackungen zu Biomaterialien zu erleichtern. Auch Deutschland hat seinen Verpackungsgesetzgebungsvorschlag genehmigt, der unter anderem die Reduktion von Kunststoffeinwegartikeln vorsieht.
Der Handel ist gefragt!
Der Einkauf von Lebensmitteln lässt viele Menschen aktuell noch mit einer Menge an Verpackungen nach Hause zurückkehren. Doch wie sieht die Zukunft des Handels aus, wenn es darum geht, möglichst wenig Müll zu produzieren? Die Konferenz zur Zukunft des unverpackten Handels in der Ottakringer Brauerei in Wien hat sich genau diese Frage gestellt und dabei wurde deutlich: Unverpacktes Einkaufen ist ein Trend, der gekommen ist, um zu bleiben. Doch wie sieht es in der Praxis aus? Können wir in naher Zukunft vor den Supermarktregalen endlich unser Gemüse ohne Plastikverpackung einkaufen? Welche innovativen Lösungen gibt es? Die Konferenz hat Antworten geliefert und zeigt Wege auf, wie der Handel umweltfreundlicher werden kann.
Doch was kann getan werden, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Während Konsument:innen mit guten Vorsätzen in Geschäfte gehen, um nachhaltig einzukaufen, werden sie enttäuscht, wenn sie feststellen, dass selbst Gurken in Plastik eingepackt sind.
Ein Blick zur Konferenz zur Zukunft des unverpackten Handels
Es wird betont, dass es wichtig ist, die Bevölkerung für dieses Thema zu sensibilisieren und dass sowohl die Bürger:innen als auch die Politik ihren Beitrag leisten müssen, um wirklich nachhaltige Veränderungen zu erreichen. Kleine Schritte reichen nicht mehr aus, es muss deutlich mehr getan werden, um eine echte Veränderung zu erreichen.
Es scheint, als ob sich langsam ein Umdenken in der Bevölkerung abzeichnet. Der soziale Status wird nicht mehr ausschließlich anhand von teuren Autos und einem Feriendomizil in Kitzbühel bemessen, sondern auch daran, ob man sich den Einkauf in Bio- oder Unverpacktläden leisten kann. Doch ist dieses angebliche Umdenken wirklich nachhaltig oder ist es nur ein Trend, der bald wieder verschwinden wird?
Während der Pause werden Stehtische mit Keksen, Nüssen, Äpfeln und Karotten für eine Stärkung bereitgestellt, daneben stehen große Glasfaschen von Ottakringer Bier, die mit Leitungswasser befüllt sind. Selbst für Kaffee und Tee ist gesorgt, damit die Bambusbecher auch unter den Anforderungen von Heißgetränken getestet werden können. Die Teilnehmenden greifen dankbar zu und tauschen sich über das Thema aus.
Greenwashing & die Rolle der Bevölkerung
Der Begriff Greenwashing fällt vermehrt während der Gespräche. Die Konferenz hat aufgeklärt, dass Greenwashing mehr ist als nur eine Farbe. Konzerne haben das wachsende Verlangen nach nachhaltigen Produkten erkannt und nutzen diese Nachfrage für ihre Marketingstrategien, ohne tatsächlich relevante Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vorzunehmen.
Eine der großen Herausforderungen bei der Verringerung von Lebensmittelverschwendung und Abfallvermeidung durch Lebensmittelverpackung besteht in der Motivation der Bürger:innen regelmäßig in Unverpacktläden einzukaufen. Dafür ist es notwendig, die Werte und Interessen der Menschen zu verstehen und auf dieser Basis zu kommunizieren. Ob es sich um finanzielle, ökologische oder gesundheitliche Gründe handelt – diese Aspekte könne die Bevölkerung dazu bewegen, auf Verpackungsmüll zu verzichten und in Unverpacktläden einzukaufen.
„Wenn’s nix kostet, ist’s nix wert!“
– Sandra Luck
Der hohe Preis von Lebensmitteln wird von einigen als Chance betrachtet, um die Wertschätzung für Nahrungsmittel zu erhöhen und damit einen verantwortungsvollen Umgang zu fördern. Gütesiegel können ebenfalls dazu beitragen, die Wertschätzung zu erhöhen, stellen jedoch keine umfassende Nachhaltigkeit dar. Denn Siegel werden von Unternehmen häufig benutzt, um Greenwashing zu betreiben.
Gleichzeitig ist der Lebensmitteleinkauf für viele aufgrund der ökonomischen Lage kaum zu bezahlen. Wenn jeder Cent umgedreht werden muss, greift man zum billigsten Produkt, ganz gleich wie oft es in Plastik verpackt sein mag.
Ein Konzern gibt Einblick
Simon Lindenthaler, Head of Corporate Communications bei dem Lebensmittelkonzern Lidl, argumentiert zum Thema Zero Waste: „Das komplette Weglassen der Verpackung ist gar nicht so einfach. Sie dient nämlich auch als wichtiger Schutz für die Lebensmittel. Ohne diesen würden viele schneller verderben und würden dann wahrscheinlich weggeworfen und das ist ja auch nicht Sinn der Sache.“ Lindenthaler bezeichnet dies als Interessenkonflikt. Das Unternehmen setzt jedoch auf die Reduktion von Verpackungsmaterial bei Produkten, bei denen dies unerlässlich ist, um Müll zu vermeiden. Dies bedeutet, dass beispielsweise 15 Prozent weniger Kunststoff in solchen Verpackungen enthalten sind. Rewe hat ähnliche Ansätze bei der jüngsten Zero Waste Konferenz erläutert.
Lidl hat in anderen europäischen Ländern Pilotprojekte gestartet, bei denen Obst, Gemüse und andere Produkte unverpackt verkauft werden. Das Angebot wird zwar insgesamt gut angenommen, aber es gibt auch Konsument:innen, die sich von dem Konzept abgeschreckt fühlen, da sie ihre eigene Verpackung mitbringen müssen.
Kein großer Fan ist Simon Lindenthaler von Mehrwegverpackungen.
Trotzdem betont er, dass Lidl als erster Konzern in Österreich bereits vor fünf Jahren einen Guide für seine Lieferanten erstellt hat, der Empfehlungen zur Optimierung von Verpackungen enthält. Überprüfen lässt sich diese Aussage aber nicht, da es keine einheitlichen Daten dazu gibt.
Laut Lindenthaler landen Lebensmittel aus der Gemüseabteilung bei Lidl fast nie im Müll. Stattdessen wird der Biomüll in einer Biogasanlage verwertet, was zwar eine nachhaltigere Alternative darstellt, aber für die betroffenen Lebensmittel sicherlich nicht angenehm ist. Auch Lebensmittel aus der Backabteilung werden nicht einfach entsorgt, sondern stattdessen als Futter für Tiere verwendet. Damit ist Lidl aber nicht allein, auch andere Konzerne wie Spar und Rewe setzen in diesem Bereich Maßnahmen.
Lidl, hat, wie alle anderen in Österreich vertretenen Lebensmittelkonzerne, zahlreiche Ziele im Bereich Nachhaltigkeit. Diese werden auf der Homepage kommuniziert. Das Unternehmen möchte beispielsweise bis 2025 den Plastikverbrauch um 20 Prozent senken. Es plant auch, dass alle Eigenmarkenverpackungen bis dahin recycelbar sein sollen. Allerdings ist der Begriff „recycelt“ in Österreich nicht klar definiert, wodurch viel Spielraum für Interpretation offengelassen wird. Es bleibt also abzuwarten, wie Lidl diese Ziele in der Praxis umsetzen wird.
Lidl, verschickt genauso wie andere Lebensmittelkonzerne immer noch Flugblätter, durch die jede Menge Müll entsteht. Laut Simon Lindenthaler, ist es in Österreich aber ohne Werbung nicht möglich, aufgrund des starken Konkurrenzkampfs in der Branche.
Lindenthaler ist weiter der Meinung, dass es sinnlos wäre, wenn die Politik das Versenden von Prospekten für alle verbieten würde. Er argumentiert, dass es schwierig sein würde, klare Grenzen zu definieren, wenn man Lebensmittelketten das Versenden von Flugblättern verbietet, während andere Unternehmen dies weiterhin tun dürfen.
Der Kampf geht weiter
Der Kampf für mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz hält weiter an. Der unnötige Verbrauch von Plastik schadet nicht nur der Umwelt, sondern auch unserer Gesundheit und dem Portemonnaie. Denn neben den hohen Preisen für verpackte Lebensmittel tragen wir alle die Kosten für die Entsorgung des Plastikmülls. Doch es gibt auch Hoffnung: Die erwähnte Konferenz von Zero Waste Austria zum unverpackten Handeln in Österreich hat schlussendlich positive Ergebnisse zur Reduzierung von Plastik hervorgebracht. So konnten einzelne Vorschläge, wie beispielsweise das Anbieten von unverpacktem Obst und Gemüse oder recyclebare Verpackungsmaterialien diskutiert werden.
Auch im Alltag machen sich kleine Gewohnheitsänderungen bemerkbar: Wenn Sie beim nächsten Einkauf Ausschau nach unverpacktem Obst und Gemüse halten, machen Sie schon einen Unterschied. So tragen Sie dazu bei, dass weniger Plastikmüll produziert wird, welcher gefährliche Auswirkungen auf unsere Umwelt hat.
- Kaufen Sie wenn möglich unverpacktes Obst & Gemüse
- Fördern Sie auch die regionale Landwirtschaft
- Kaufen Sie saisonal
Diese kleinen Gewohnheiten können einen großen Unterschied ausmachen, wenn Sie sie zu regelmäßigen umsetzen. Nicht nur Ihre Familie, auch die Umwelt wird es Ihnen danken. Indem immer mehr Menschen unverpacktes Obst und Gemüse kaufen, werden Unternehmen auch bemerken, dass die Nachfrage steigt und möglicherweise ihre Geschäftspraktiken ändern, um den Kundenwünschen gerecht zu werden.
Jeder Beitrag hilft, damit wir eines Tages ohne Plastikmüll leben können und die Umwelt samt Gurke davon profitiert.
Mehr Infos zum Thema Zero Waste finden Sie unter http://www.zerowasteaustria.at